Spezielle Urologie der Frau

Viele urologische Krankheitsbilder sind nicht geschlechterspezifisch, das heisst, sie können sowohl bei Frauen als auch bei Männern auftreten. Typische Beispiele sind das Harnsteinleiden, Tumoren von Blase und Niere sowie Harnwegsinfektionen.

Einige Erkrankungen finden sich jedoch typischerweise deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern.

Frauen jeglicher Altersstufe stellen ungefähr 20% aller Patienten der Urologie St. Anna.

Im Folgenden möchten wir Ihnen einen Überblick über diese Erkrankungen, über die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie in der Urologie St. Anna sowie über unsere Kooperationspartner ermöglichen.

Ungewollter Urinverlust

Die Worte Harn- und Urininkontinenz beschreiben dasselbe Problem. Bei beiden handelt es sich um einen unkontrollierten und zum Teil sogar unbemerkten Urinverlust über die Harnröhre. Das Problem des ungewollten Urinverlust ist ein Tabuthema, welches häufig mit Scham und auch Angst besetzt ist und in einem signifikanten Verlust von Lebensqualität durch z.B. Isolierung und Verlust sozialer Kontakte resultieren kann.

Schaut man sich jedoch die Daten für diese Problematik genauer an, so fällt auf, dass es ein ausgesprochen häufiges Problem ist. So geht man davon aus, dass ca. 10-20% der Schweizer Bevölkerung von einem ungewollten Urinverlust betroffen sind.

Die Inkontinenz betrifft dabei sowohl Frauen als auch Männer jeden Alters, wobei die Problematik mit zunehmendem Alter deutlich häufiger wird. So zeigen z.B. Befragungen, dass bis zu 15% der Frauen zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr betroffen sind, sich diese Problematik ab dem 60. Lebensjahr jedoch schon bei ca. 60% der Befragten zeigte.

In der Urologie werden verschiedene Formen des ungewollten Urinverlust voneinander unterschieden.

Die häufigste Form ist die sogenannte Belastungsinkontinenz. Hier kommt es vor allem zu einem ungewollten Urinverlust im Rahmen von Belastungen welche den Druck im Bauchraum erhöhen. Dies zeigt sich im ungewollten Urinverlust beim Husten, Niesen oder Lachen. Bei schweren Formen sogar beim Laufen oder gar Liegen. Ursache hierfür ist zumeist ein unzureichender Verschlussmechanismus der Harnröhre z.B. nach stattgehabten Geburten, allgemeiner Gewebsschwäche oder nach Operationen wie Gebärmutter Entfernungen oder Operationen der Blase, Prostata sowie des Enddarmes.

Die zweithäufigste Form ist die sogenannte Dranginkontinenz. Hier kommt es zu einem plötzlichen, überfallsartigen Harndrang, infolge dessen die Toilette nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann und es dann zu einem ungewollten Urinabgang kommt. Für das Vorliegen einer Dranginkontinenz kann es verschiedenste Ursachen geben wie z.B. chronische Entzündungen, Nervenschädigungen oder aber auch in seltenen Fällen Tumorerkrankungen.

Beide Formen können ebenfalls gemischt vorkommen.

Eine häufigere beim Mann zu beobachtende Form stellt darüber hinaus die sogenannte Überlaufinkontinenz dar. Dieser liegt eine unzureichende Blasenentleerung zugrunde, sodass die Blase im Prinzip dauerhaft gefüllt ist. Zusätzlich produzierter Urin wird dann im Sinne eines Überlaufs als wiederum unkontrollierter Harnverlust bemerkt.

Erfreulich ist, dass die meisten Inkontinenzproblematiken erkannt und auch behandelt werden können, was für die Betroffenen zumeist eine deutliche Erhöhung ihrer Lebensqualität bedeutet. Die hierfür durchzuführende Diagnostik beinhaltet neben genauen Gesprächen auch Urin- sowie Ultraschalluntersuchungen. Häufig wird noch eine erweiterte Blasendruckmessung (Urodynamik) einschließlich einer Blasenspiegelung erforderlich. Wenn diese gemeinsamen Anstrengungen jedoch in einer signifikanten Reduktion oder gar Verschwinden des ungewollten Urinverlust resultieren, ist dies ein vertretbarer Aufwand für einen signifikanten Wiedergewinn von Lebensqualität.

Von daher legen wir Ihnen ans Herz Ihre Scham diesbezüglich abzulegen und einen Termin zu vereinbaren damit wir die Diagnostik und Therapie gemeinsam beginnen können.

mehr…

Nervöse Blase

Der Begriff der nervösen Blase wird umgangssprachlich für verschiedene Erkrankungen benutzt. Häufig ist diesen ein plötzlicher, überfallsartiger Harndrang mit zum Teil Unmöglichkeit des Erreichens der Toilette gemein. Gelegentlich wird dieser Begriff auch in Zusammenhang mit einem plötzlichen, ungewolltem Urinverlust (Harninkontinenz) verwendet.

Urologisch ist der Begriff der nervösen Blase jedoch nicht definiert. Grade deswegen ist es wichtig, sich für die betroffenen Patientinnen viel Zeit zu nehmen um einen genauen Überblick über das Problem zu bekommen. Hieran schliesst sich dann eine spezielle Diagnostik, zumeist mit einer klinischen Untersuchung sowie Urinuntersuchung, Harnstrahlmessung und Ultraschall an.

Häufig wird in diesen Fällen auch eine sogenannte Urodynamik durchgeführt. Dies ist eine aufwändigere urologische Untersuchung bei welcher die normale Blasenfüllung simuliert wird. Das Ziel dieser Untersuchung ist die Messung der Drücke in der Harnblase während der Phase der Urinspeicherung aber auch während der Entleerungsphase. Diese Untersuchung kann einen guten Eindruck vermitteln, ob sogenannte Überaktivitäten bestehen. Überaktivitäten bedeuten das sich die Blase zu einem nicht adäquaten Zeitpunkt (bei nicht erreichter Speicherkapazität) und nicht adäquaten Lokalisation (ausserhalb des WCs) selbstständig zusammenzieht was zu einem starken Harndranggefühl oder sogar zu einem ungewollten Urinverlust führen kann.

Wichtig für die betroffenen Patientinnen zu wissen ist, dass dies eine sehr häufige Problematik ist.

Als Therapie kommen verschiedene Ansätze infrage. Neben einer Veränderung des Lebensstils sowie der Trinkgewohnheiten können auch Medikamente zum Einsatz kommen. Darüber hinaus bietet die Urologie Sankt Anna auch die direkte Botox Gabe in die Harnblase zur Beruhigung derselben an.

In der Regel kann durch eine dieser Behandlungsmassnahmen eine deutliche Verbesserung der Situation erreicht werden, was ich für die betroffenen Patientinnen dann in einer signifikanten Zunahme von Lebensqualität widerspiegelt.

mehr…

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Als Harnwegsinfektionen werden zumeist bakterielle Entzündungen der ableitenden Harnwege wie des Harnleiters, der Harnblase und Harnröhre bezeichnet. Zumeist kommt es dabei zu einer aszendierenden Infektion, das heißt einem Eindringen von Bakterien von außen, z.B. nach dem Toilettengang oder Geschlechtsverkehr durch die Harnröhre, und folgendem Aufsteigen der Keime bis z.B. in die Harnblase.

Aufgrund ihrer anatomisch deutlich kürzen Harnröhre (ca. 4cm) und der Nähe zum Anus sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Circa 50 – 70% aller Frauen erleiden mindestens einmal im Leben eine Episode eines Harnwegsinfektes und circa ein Drittel leidet unter wiederholten Infektionen. Besonders häufig sind sexuell aktive junge Frauen, Frauen in der Schwangerschaft oder in der Menopause betroffen. Während Faktoren wie Zuckerkrankheit, Veränderungen im Hormonhaushalt (z.B. Östrogenmangel, sowohl vor als auch nach den Wechseljahren) als wissenschaftlich gesicherte Risikofaktoren für die Entstehung von Harnwegsinfektionen bekannt sind, berichten viele Frauen jedoch auch über Faktoren wie Kälte und Nässe, falsche Abwischmethode nach Stuhlgang (von hinten nach vorne), vaginale Duschen, Besuche in öffentlichen Bädern aber auch das Tragen von Tampons als begünstigend für Infektionen.

Was sind Symptome einer Harnwegsinfektion?
Bei einer normalen Blasenentzündung sind die Symptome auf den unteren Harntrakt, also die Blase beschränkt. Typisch sind:

  • ein Brennen beim Urinieren
  • ein Stechen im Unterbauch nach dem Wasserlassen.
  • Häufiges Wasserlösen mit nur kleinen Mengen
  • Blutbeimengungen im Urin
  • Trüber und/oder übelriechender Urin

Wichtig ist, dass eine «normale» Blasenentzündung ohne Fieber abläuft. Kommt Fieber hinzu so besteht meist eine Ausweitung auf den oberen Harntrakt (Harnleiter / Nieren) oder gar eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis). Von daher sollten Sie bei Fieber unbedingt einen Arzt aufsuchen.

Wie wird eine Blasenentzündung diagnostiziert?

Wichtig ist zunächst das Gespräch mit der Patientin um etwaige Risikofaktoren und den bisherigen Verlauf (z.B. das Auftreten von Fieber) zu erkennen. In der Folge wird der Urin auf Abwehrzellen (Leukozyten), Blut und ein Abbauprodukt von Bakterien (Nitrit) mittels Schnelltest untersucht. Darüber hinaus ist es im Falle einer Infektion jedoch wichtig den Urin in der Folge weiter zu untersuchen um zum einen den Erreger festzustellen und zum anderen eine detaillierte Übersicht zu erhalten, welche Antibiotika die Bakterien bekämpfen können. In manchen Fällen ist dafür ein Spontanurin nicht ausreichend, sondern der Urin muss mittels eines kleinen Röhrchens (Katheter) direkt aus der Blase gewonnen werden.

Wie wird eine Blasenentzündung behandelt?
Immer häufiger wird versucht bei Blasenentzündungen auf Antibiotika zu verzichten und diese durch Schmerzmittel, Entzündungshemmer und/oder vermehrte Urinproduktion zu bekämpfen. Dies ist vor allem ein valider Ansatz nach Ausschluss von komplizierenden Faktoren wie eine Abflussstörung des Urins, Harnleitersteinen oder zu Grunde liegenden Blasenproblemen. Falls eine antibiotische Therapie notwendig ist, so ist es wichtig zu wissen um welchen Erreger es sich handelt und welche Antibiotika wirken.

Gibt es Möglichkeiten Blasenentzündungen vorzubeugen?
Heutzutage gibt es verschieden Ansätze einer Blasenentzündung vorzubeugen. Zum einen durch pflanzliche Mittel wie Extrakte der Moosbeere (Cranberry) oder zum Beispiel D-Mannose: ein Zucker der das Anheften von Bakterien an der Harnblasenwand verhindert. Zum anderen gibt es die Möglichkeit einer Art «Impfung» mit Lysaten des häufigsten Erregers von Blasenentzündung (E. coli). In manchen Fällen hilft auch eine hormonelle Regulierung des Scheidenmilieus resp. Der Wiederaufbau der vaginalen Schleimhaut als schützende Barriere bei postmenopausalen Frauen.

Zumeist ist die Blasenentzündung eine harmlose Erkrankung, welche gut behandelt werden kann, jedoch ist für die erfolgreiche Therapie eine sinnvolle Diagnostik Grundvoraussetzung.

Was tun bei chronischen oder wiederkehrenden Harnwegsinfekten?
Man geht davon aus, dass ca. 5% der Frauen in der Schweiz von sogenannten chronischen oder wiederkehrenden Harnwegsinfektionen betroffen sind. Dieser Begriff wird zumeist dann verwendet, wenn mehr als 3 Episoden pro Jahr oder 2 Episoden pro 6 Monate auftreten.

Gerade in diesen Fällen ist es wichtig möglichst genaue Information über die Situation zu erhalten. Dies bedeutet in erster Linie, einen genauen Überblick über die Anzahl der bisherigen Harnwegsinfekte, die dabei nachgewiesenen Erreger und durchgeführten (antibiotischen) Therapien.

Bei den betroffenen Patienten muss ebenso eine genaue Anamnese erfolgen, einschließlich aller sensibilisierender Nebenerkrankungen wie Diabetes mellitus, aber auch Informationen z.B. das zeitliche auftretende Harnwegsinfektionen (nach Geschlechtsverkehr) sind wichtig. Im Vergleich zu normalen Harnwegsinfektionen wird das Spektrum der Untersuchung erweitert. So wird hier besonderes Augenmerk auf die Blasenentleerung, Restharnbildung aber auch z.B. Anomalien im Urogenitaltrakt gelegt. Von daher können z.B. Ultraschalluntersuchung, Blasenspiegelungen (Hyperlink Zystoskopie) bis hin zu einer Computertomografie (Hyperlink Computertomografie) oder MRT (Hyperlink MRT) notwendig werden.

Wichtig ist, dass vor jeder antibiotischen Therapie ein Urin bei diesen Patientinnen direkt aus der Blase mittels z.B. Katheter gewonnen wird, welche in der Folge auf das verursachende Bakterium sowie dessen Empfindlichkeit für die verschiedenen Antibiotikaklassen untersucht wird.

Durch ein spezielles Stufenschema beginnend mit Veränderung der Verhaltensweise bis hin zu verschiedenen Medikamenten kann in der Regel eine deutliche Verbesserung der Situation erreicht werden.

mehr…